Auch zum letzten bemerkenswert vor der Sommerpause hatten sich wieder zahlreiche interessierte Gäste aus den Gemeinden des Pastoralen Raumes aufgemacht; dieses Mal führte sie der Weg nach Hendungen in die Pfarrgemeinde St. Alban.
„Herein, herein, wir laden alle ein“ sangen Notburga Hartung und Familie Balling vom Familiengottesdienst-Team zur Begrüßung, unter Begleitung von Renée Liening Ewert an der Gitarre.
Im Namen aller Gremien und Ehrenamtlichen hieß Notburga Hartung vom Gemeindeteam die Besucher willkommen.
Ein Haus aus Stein brauche lebendige Bausteine. Auch in Hendungen gebe es sinkende Gottesdienstbesucher-Zahlen und es bedürfe des Engagements Vieler, alle ehrenamtlich anfallenden Dienste wie liturgische Dienste, Mesnerdienste… abzudecken. Doch dies sei das erste Bemerkenswerte in der Pfarrgemeinde: Fast alle der Noch-Kirchgänger hätten auch eine ehrenamtliche Aufgabe.
Als Beispiel nannte Frau Hartung das Familiengottesdienstteam, das sich in den vergangenen Jahren immer wieder neu zusammengefunden hätte, um das Kirchenjahr mitzugestalten. So sei die Kinderkrippenfeier einer der am besten besuchten Gottesdienste in Hendungen.
Bemerkenswert am Ministranten-Team sei, dass einige Ministranten auch noch im Alter von über 16 bis 20 Jahren ihren Dienst am Altar verrichten.
Ganz besonders bemerkenswert sei die älteste Ehrenamtliche, Frau Notburga Bach, die mit ihren 90 Jahren im Sommerhalbjahr noch zuverlässig den Schließdienst an der Kapelle Oberdorf ausübt.
Über die Gemeindestruktur berichtete im Anschluss der erste Bürgermeister, Herr Florian Liening-Ewert: Urkundlich erstmalig erwähnt wurde Hendungen im Jahre 783. Über die Jahrhunderte gehörte Hendungen zu unterschiedlichen Einfluss- bzw. Herrschaftsbereichen, was nach der Reformation dazu führte, dass Hendungen für ca. 50 Jahre evangelisch wurde.
Bemerkenswert: Diese Zeit habe deutliche Spuren hinterlassen, denn bis zur Grenzöffnung im Jahr 1990 war Hendungen sowohl politisch als auch aus Sicht der Kirchengemeinde ein „Grenzort“. - Abgesehen vom Weg nach Mellrichstadt führen alle weiteren Wege in evangelische Kirchengemeinden.
Diese rein räumliche Nähe der unterschiedlichen Konfessionen hätte über Generationen hinweg durchaus zu Problemen geführt. Bis zum zweiten Vatikanum und damit zum Aufkeimen der Ökumene hätten es so genannte „Mischehen“ in der Dorfgemeinschaft schwer gehabt und seien in ihrer heimatlichen Pfarrei auch nicht getraut worden.
Diese Zeiten hätte man „Gott sei Dank“ lange hinter sich gelassen – nun werde Ökumene mit einer sehr guten Zusammenarbeit gelebt. Neben gemeinsamen Aktivitäten und ökumenischen Gottesdiensten sei es selbstverständlich, dass die Pfarrkirche und die Kapelle Oberdorf auch für evangelische Trauungen, Beerdigungen oder für die Konfirmation genutzt wird.
Interessantes über die Pfarrkirche wusste Benjamin Balling zu berichten:
Eine erste Kirche gab es bereits 801. Seit ca. 1200 steht die Kirche am heutigen Platz. Taufstein und Kanzel stammen aus dem 16. Jahrhundert; die Kreuzigungsgruppe, die als Gabentisch dient, aus dem 17. Jahrhundert. 1913 wurde die Pfarrkirche erweitert.
Bemerkenswert dabei sei, dass der ursprünglich, wie damals üblich, nach Osten ausgerichtete Altarraum nach Westen verlagert wurde. So entstand das heutige Kirchengebäude, in dem an die 400 Personen Platz finden. Auch hier sei die Eigenwilligkeit der Hendunger erkennbar, denn für die damalige Zeit war der Bau viel zu groß angelegt. Es konnte ja noch keiner ahnen, dass nach dem 2. Weltkrieg tatsächlich jeder Platz gebraucht würde.
Kirchenpatron von Hendungen ist der Heilige Alban, ein Priester, der 400 nach Christus zur Missionierung nach Mainz kam und den Märtyrertod erlitt. Beim Patrozinium werden ihm zu Ehren Albanslieder gesungen. Eines davon brachte nun der gemischte Chor der Bandan-Singers und des Gesangvereins unter der Leitung von Herrn Egon Werner sehr harmonisch zu Gehör.
Weitere bemerkenswerte Besonderheiten stellte Notburga Hartung mit den beiden sogenannten „Gelöbnistagen“ vor: Einen „Fast- und Abstinenztag“ aus der Pestzeit, mit dem Stiftungsgottesdienst zu Sebastianus, und einen zum Gedächtnis der Schmerzen Mariens, ein noch relativ junger „gelobter Beichttag“, ausgerufen zum 2. Weltkrieg, um Hendungen vor größeren Kriegsschäden zu bewahren. Mit modernen Formen wie Friedensgebeten oder Bußgottesdiensten wird dieses Anliegen auch heute noch aufrechterhalten.
Zwei haptische Besonderheiten in der Kirche seien die Figuren zur „Flucht nach Ägypten“, die nach dem Abräumen der Krippe aufgestellt werden, und das Heilige Grab in der Osterzeit.
„Wir Hendunger wallen gerne“ stellte Renée Liening-Ewert fest. So findet jeden Ostersonntagabend eine Lichterprozession statt. Früher noch mit der Monstranz, zieht man heute mit der Osterkerze durchs Dorf, um den auferstandenen Herrn, das Licht der Welt, zu allen Menschen zu bringen und der Freude über die Auferstehung Ausdruck zu verleihen.
In Hendungen startet frühmorgens auch die Wallfahrt der Pfarreiengemeinschaft nach Vierzehnheiligen. Des Weiteren wallen die Hendunger in der Bittwoche nach Wargolshausen und die Wargolshäuser nach Hendungen, und außerdem zur Kapelle Oberdorf.
Diese Kapelle sei ein Stück Zeitgeschichte des ehemaligen Dorfes Oberdorf, bis ins 14. Jahrhundert ein bekannter Wallfahrtsort zu den Vierzehnheiligen-Nothelfern.
Als die Oberdörfler zur Zeit der Reformation unter den Hennebergern zum evangelischen Glauben gezwungen wurden, kam es zur Zerstörung des Ortes.
Heute lädt die Kapelle zum stillen Verweilen ein und ist ab Ostern bis Allerheiligen an Sonn- und Feiertagen geöffnet. Dort wird der Markustag, das Patrozinium Peter und Paul gefeiert, sowie Marienandachten im Mai, August und Oktober.
Schwungvoll-fröhliche Bewegung kam nach diesen Ausführungen in die Besucherreihen beim gemeinsam gesungenen Lied „Hallelu“, begleitet vom Organisten Egon Werner: Beim „Hallelu, Hallelu, Hallelu, Halleluja“ standen die Frauen auf, beim „Preiset den Herrn“ die Herren.
Im Hinblick auf die zahlreichen Gemälde und Statuen der Gottesmutter im Kirchenraum kamen gegen Ende der Veranstaltung noch zwei Anekdoten zum Vortrag - nach mündlichen Erzählungen von Zeitzeugen. Kathrin Balling lieh der Figur der Schmerzhaften Mutter Gottes aus der Kapelle beim Turmausgang ihre warme Stimme und ließ sie von ihrem geschnitzten Werdegang über eine Ausstellung für Entartete Kunst und die glückliche Heimkehr nach Hendungen berichten.
Nach dem Segenslied „Gott sei mit dir“ des gemischten Chores erzählte Kathrin Balling noch die Geschichte einer weiteren Mutter-Gottes-Figur des Künstlers Harig, der auch die Figur des Kirchenpatrons, das Vortragskreuz und den Bildstock an der Kreuzung Bahrastraße gestaltet hat, wiederum aus Sicht der Figur. Dabei entlockte sie den Zuhörern ein Schmunzeln, als sie vom Aufschrei der entsetzten Hendunger sprach, weil diese Muttergottes himmelwärts blickte, anstatt den Kopf zu neigen und auf ihre Kinder zu schauen. Also: „abmontiert, zurück zur Werkstatt, geändert – neu aufgestellt – zufriedene Leut‘!“
Mit herzlichen Worten bedankte sich Notburga Hartung bei allen Gästen fürs Kommen, lud zum geselligen Verweilen auf dem Kirchplatz ein und sagte allen, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben, ein herzliches Vergelt’s Gott.
Das nächste „bemerkenswert“ findet nach der Sommerpause am 1. September in Neustädtles statt.
Nach kräftigem Applaus stimmten alle gerne ein in das Lied „O himmlische Frau Königin“, einfühlsam begleitet von der Musikkapelle, die auch draußen noch aufspielte und die Gäste gekonnt unterhielt.